In einigen Bereichen, in denen sich Personen berufsbedingt aufhalten, kann es durch natürlich vorkommende radioaktive Stoffe zu einer erhöhten Strahlenbelastung kommen. Bisher galten für den Schutz von Arbeitskräften vor solchen natürlichen Strahlenquellen gesonderte Regelungen (Natürliche Strahlenquellen-Verordnung sowie die Strahlenschutzverordnung fliegendes Personal).
Mit dem am 1. August 2020 in Kraft getretenen neuen Strahlenschutzrecht werden die Strahlenschutzregelungen betreffend künstliche radioaktive Stoffe und terrestrische natürliche radioaktive Stoffe weitgehend vereinheitlicht. Aus diesem Grund sind die Bestimmungen für beide Teilbereiche in der Allgemeine Strahlenschutzverordnung 2020 (AllgStrSchV 2020) verankert. Die Natürliche Strahlenquellen-Verordnung ist außer Kraft getreten. Das bedeutet unter anderem, dass – anders als früher – auch Unternehmen, die Tätigkeiten mit natürlich vorkommenden radioaktiven Materialien ausüben, der Bewilligungs- oder Meldepflicht gemäß Strahlenschutzgesetz 2020 (StrSchG 2020) unterliegen, sofern keine Ausnahmebestimmung gemäß AllgStrSchV 2020 zutrifft.
Die Arbeitsbereiche, in denen eine erhöhte Strahlenbelastung der Arbeitskräfte durch terrestrische natürliche radioaktive Stoffe möglich ist, werden in Anlage 3 AllgStrSchV 2020 aufgelistet. Es handelt sich dabei – wie auch schon bisher – insbesondere um folgende Unternehmensbereiche:
- Wasserversorgungsunternehmen
- Radon-Kureinrichtungen
- Industrielle/gewerbliche Verwendung von thoriumhaltigen Produkten
- Hochdruckflüssigkeitsschneiden und Sandstrahlen
- Verarbeitung von Rohphosphaten zum Beispiel in der Düngemittelindustrie
- Zirkon- und Zirkonoxidindustrie
Im Einklang mit den Vorgaben der EU sind drei Industriezweige zusätzlich in den Geltungsbereich aufgenommen worden: die Zementherstellung einschließlich der Wartung von Klinkeröfen, die Produktion von Primäreisen sowie die Zinn-, Blei- und Kupferschmelze.
Fallen bei Arbeitsprozessen Rückstände an, die mit natürlichen radioaktiven Stoffen angereichert sind, sind wie bisher Strahlenschutzmaßnahmen zu treffen.
Fällt ein Unternehmen in den Geltungsbereich der AllgStrSchV 2020, muss dessen Inhaberin/Inhaber eine behördlich ermächtige Überwachungsstelle beauftragen. Die Beauftragung umfasst eine Dosisabschätzung für jene Arbeitskräfte, die einer erhöhten Strahlenbelastung ausgesetzt sein könnten, sowie gegebenenfalls die Ermittlung der Aktivitätskonzentration von Rückständen und von mit der Luft oder dem Abwasser abgeleiteten radioaktiven Stoffen.
Hinweis
Diese Abschätzungen und Ermittlungen sind periodisch zu wiederholen, wobei die Zyklen abhängig vom Gefährdungspotential sind (fünf oder zehn Jahre). Außerdem hat eine Wiederholung bei strahlenschutzrelevanten Änderungen der Tätigkeit zu erfolgen. Um sicherzustellen, dass aus Sicht des Strahlenschutzes weiterhin kein erhöhter behördlicher Kontrollaufwand besteht, gilt dies auch für Unternehmen, die weder der Bewilligungs- noch der Meldepflicht unterliegen.
Abhängig von den Ergebnissen der Abschätzungen und Ermittlungen trifft auf die Unternehmen entweder eine Bewilligungspflicht, eine Meldepflicht oder die Ausnahme von der Meldepflicht zu. Letztere Möglichkeit besteht, wenn aufgrund der Ergebnisse von sehr geringer Strahlenschutzrelevanz ausgegangen werden kann.
Bewilligungspflichtig ist ein Unternehmen, wenn Arbeitskräfte als "strahlenexponierte Arbeitskräfte" einzustufen sind oder wenn die Ableitungen oder Rückstände gewisse Werte, die in der AllgStrSchV 2020 festgelegt sind, überschreiten. In diesem Fall gelten die Bestimmungen für bewilligungspflichtige Tätigkeiten.
Meldepflichtig ist ein Unternehmen, wenn die Aktivitätskonzentrationen der Rückstände zwar erhöht sind, aber die Grenzen für die Bewilligungspflicht nicht überschreiten und die zu erwartenden Strahlendosen der Arbeitskräfte und die Ableitungswerte im Normalbereich liegen. In der AllgStrSchV 2020 sind Werte für Aktivitätskonzentrationen festgelegt, oberhalb derer sie als strahlenschutzrelevant anzusehen sind.
Unterliegt das Unternehmen der Bewilligungs- oder Meldepflicht, hat es durch geeignete technische und/oder organisatorische Maßnahmen dafür zu sorgen, dass die Strahlenbelastung von Personen und Umwelt so niedrig wie vernünftig möglich gehalten wird. Welche Maßnahmen sinnvoll sind, sollte das Unternehmen am besten mit der Überwachungsstelle abklären.
Die Einhaltung des Strahlenschutzes wird von der Behörde periodisch kontrolliert; bei bewilligungspflichtigen Unternehmen mindestens alle drei Jahre, bei meldepflichtigen Unternehmen mindestens alle fünf Jahre.
Bei Rückständen wird von der Überwachungsstelle festgestellt, ob diese vom Strahlenschutzstandpunkt unbedenklich sind und somit unter Einhaltung der abfallrechtlichen Bestimmungen beseitigt oder wiederverwertet werden können. Andernfalls sind diese Rückstände als radioaktive Abfälle zu entsorgen.
Einen Sonderfall stellt der Schutz von Arbeitskräften vor kosmischer Strahlung dar. Die Regelungen zum Schutz dieses Personenkreises bleiben unverändert gegenüber den bisherigen Regelungen. Luftfahrtunternehmen sind zur Durchführung von Strahlenschutzmaßnahmen für ihr Personal, das während der Flüge verstärkt kosmischer Strahlung ausgesetzt ist, verpflichtet. Auch diese Regelungen sind nun im StrSchG 2020 verankert. Die bisher geltende Strahlenschutzverordnung fliegendes Personal ist außer Kraft getreten.