Die Freigabe sowie die Ableitung ermöglichen es einem Unternehmen, radioaktive Stoffe mit sehr geringen Radioaktivitätswerten zu verwerten, zu verwenden oder an die Umwelt abzugeben, ohne dass diese Stoffe einer weiteren Strahlenschutzüberwachung bedürfen. Voraussetzung dafür ist das Erfüllen bestimmter Kriterien und die Bewilligung durch die Strahlenschutzbehörde.
Erfüllen radioaktive Stoffe nicht die Voraussetzungen für die Freigabe oder Ableitung, müssen sie als radioaktive Abfälle entsorgt werden.
Freigabe von radioaktivem Material
Als Freigabe bezeichnet man die Entlassung von radioaktiven Materialien aus der strahlenschutzbehördlichen Kontrolle. Üblicherweise handelt es sich dabei um radioaktive Materialien, die im Rahmen der Tätigkeit nicht mehr benötigt werden (§ 73 Strahlenschutzgesetz 2020 sowie §§ 110 bis 115 Allgemeine Strahlenschutzverordnung 2020). Diese Vorgehensweise ist für Material mit sehr geringen Radioaktivitätswerten möglich. Voraussetzung dafür ist die Bewilligung durch die Strahlenschutzbehörde.
Sobald die von der zuständigen Behörde festgelegten Freigabekriterien erfüllt sind, gelten die betroffenen Materialien nicht mehr als radioaktiv. Ab diesem Zeitpunkt bedürfen diese Stoffe keiner weiteren Strahlenschutzüberwachung.
Unterschieden wird zwischen der uneingeschränkten und der eingeschränkten Freigabe. Ausschlaggebend für diese Unterscheidung sind die in Anlage 1 der Allgemeinen Strahlenschutzverordnung 2020 festgelegten Freigabewerte (Abschnitt D, Tabelle 1 für künstliche Radionuklide und Tabelle 3 für natürlich vorkommende radioaktive Materialien).
- Uneingeschränkte Freigabe: eine allfällige künftige Nutzung der freigegebenen Materialien ist keiner behördlichen Einschränkung unterworfen.
- Eingeschränkte Freigabe: eine allfällige künftige Nutzung der freigegebenen Materialien ist behördlichen Einschränkungen unterworfen (zum Beispiel Art der Deponierung, Beschränkung für Arten der Verwertung).
Sind keine Freigabewerte vorgegeben beziehungsweise anwendbar, kann eine Freigabe unter bestimmten Voraussetzungen trotzdem erfolgen. Dazu muss das Unternehmen der zuständigen Behörde nachweisen, dass die in der Allgemeinen Strahlenschutzverordnung 2020 festgelegten Dosisbeschränkungen eingehalten werden.
Neuerungen mit Inkrafttreten des neuen Strahlenschutzrechts am 1. August 2020
Die Regelungen für die Freigabe von künstlichen radioaktiven Stoffen sind weitgehend ident zu den bisher geltenden Regelungen. Hinsichtlich Freigabewerte gibt es allerdings drei wesentliche Änderungen gegenüber bisher:
- Die vorgesehenen Freigabewerte gelten nur für feste Stoffe.
- Es gibt nur noch einen Wertesatz für die uneingeschränkte Freigabe, wobei die Werte ident mit den Freigrenzen für große Materialmengen sind.
- Es gibt nur noch eingeschränkte Freigabewerte für die Beseitigung auf Deponien bzw. die Verbrennung.
Neben den Regelungen für die Freigabe von künstlichen radioaktiven Stoffen gibt es seit 1. August 2020 auch analoge Regelungen für die Freigabe von natürlich vorkommenden radioaktiven Materialien. Letzterer kommt besonders große Bedeutung zu, da in diesem Tätigkeitsbereich sehr große Materialmengen anfallen können und diese bei Einhaltung bestimmter Bedingungen wiederverwertbar oder deponiefähig sind.
Ableitung von radioaktivem Material
Die Ableitung flüssiger und gasförmiger radioaktiver Stoffe mit dem Abwasser oder der Abluft bedarf der behördlichen Bewilligung, die in den allermeisten Fällen im Rahmen der Bewilligung zur Ausübung der Tätigkeit (§ 17 Strahlenschutzgesetz 2020) erteilt wird. Dies gilt sowohl für künstliche als auch für natürlich vorkommende Radionuklide.
Radioaktive Stoffe dürfen nur dann mit dem Betriebsabwasser oder der Abluft abgeleitet werden, wenn daraus keine relevante Strahlenbelastung für betroffene Personen, wie beispielsweise Anrainer, resultiert (§ 77 Allgemeine Strahlenschutzverordnung 2020). Diese Voraussetzung ist jedenfalls erfüllt, wenn die Ableitungswerte gemäß Anlage 2 Allgemeine Strahlenschutzverordnung 2020 eingehalten werden.
Die Regelungen für die Ableitung von radioaktiven Stoffen sind weitgehend ident zu den bisher geltenden Regelungen. In Bezug auf künstliche Radionuklide sind auch die Ableitungswerte unverändert geblieben. Für natürliche radioaktive Stoffe sind gegenüber den bisher geltenden Ableitungswerten (verankert in der Natürliche Strahlenquellen-Verordnung) geringfügige Anpassungen erfolgt.
Hinweis
Ist der messtechnische Nachweis der Einhaltung der Ableitungswerte schwierig zu führen, kann er auch rechnerisch erfolgen.